Klarstellung zu den Fortbildungsfristen für Sanitäter in COVID-Zeiten und danach

16. Januar 2021

Zur Verlängerung der Berufs- und Tätigkeitsberechtigung von Sanitäter*innen um jeweils zwei Jahre bedarf es der Absolvierung von 16 Stunden Fortbildungen und einer Rezertifizierung der Kenntnisse und Fertigkeiten im Bereich der Herz-Lungen-Wiederbelebung einschließlich der Defibrillation mit halbautomatischen Geräten innerhalb von zwei Jahren („Fortbildungszeitraum“). Der Lauf der Frist beginnt jeweils mit dem der erstmaligen Erlangung einer Tätigkeitsberechtigung als Sanitäter folgenden Monatsersten („Stichtag“). Der (ursprüngliche) Stichtag ist daher durch die erstmalige Erlangung der Tätigkeitsberechtigung „fixiert“, sofern nicht im Einvernehmen zwischen Rettungsorganisation und Sanitäter ein abweichender Stichtag festgesetzt wurde.

Die Fortbildungen sowie die Rezertifizierung können auch innerhalb der Toleranzfrist („zusätzliches Jahr“) absolviert werden, wobei dies keinen Einfluss auf den Beginn des nächsten 2-jährigen Fortbildungszeitraum hat. Durch die Inanspruchnahme der Toleranzfrist kommt es daher im Ergebnis nicht zu einem „Ersparen von Fortbildungsstunden“.

Im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie wurde Folgende Sonderregelung in das Sanitätergesetz (SanG) eingefügt: In die Fristen zur Aufrechterhaltung der Berufs- und Tätigkeitsberechtigungen wird der Zeitraum von 22. März 2020 bis 21. März 2021 nicht eingerechnet (§ 64 Abs. 9 SanG).

Aus den Materialien (Initiativantrag) ergibt sich, dass es sich um eine Fortlaufshemmung handelt, sodass im Ergebnis der aktuelle Fortbildungszeitraum für alle Sanitäter, deren Stichtag am oder vor dem 22.3.2020 liegt, um (genau) ein Jahr „verlängert“ wird. Die COVID-Sonderregelung wirkt sich daher im Ergebnis auch auf den Beginn des nächsten und aller weiteren Fortbildungszeiträume aus, da diese um ein Jahr „nach hinten verschoben“ werden.

Beispiel 1:

  • Rettungssanitäterprüfung am 14.7.2018, daher Stichtag: 1.8.2018
  • Fortbildungszeiträume (ohne Sonderregelung): 1.8.2018 bis 31.7.2020, 1.8.2020 bis 31.7.2022, usw.
    (zusätzlich kann z.B. die Toleranzfrist [bis 31.7.2021] in Anspruch genommen werden, allerdings führt dies nicht zu einer Verlegung des nächsten Fortbildungszeitraums, dieser beginnt trotzdem mit 1.8.2020).
  • Fortbildungszeiträume unter Berücksichtigung der Sonderregelung: 1.8.2018 bis 31.7.2021, 1.8.2021 bis 31.7.2023, usw.

Beispiel 2:

  • Rettungssanitäterprüfung am 11.3.2017, daher Stichtag: 1.4.2017
  • Fortbildungszeiträume (ohne Sonderregelung): 1.4.2017 bis 31.3.2019, 1.4.2019 bis 31.3.2021, 1.4.2021 bis 31.3.2023, usw.
  • Fortbildungszeiträume unter Berücksichtigung der Sonderregelung: 1.4.2017 bis 31.3.2019, 1.4.2019 bis 31.3.2022, 1.4.2022 bis 31.3.2024, usw.  

Abweichend ist die Situation bei Sanitätern, deren Stichtag nach dem 22.3.2020 liegt (z.B. Absolvierung der Rettungssanitäterprüfung im Juli 2020, daher Stichtag 1.8.2020). Bei diesen Sanitätern führt die Sonderregelung nämlich dazu, dass der Fortbildungszeitraum nicht genau um ein Jahr verlängert wird. Im Ergebnis bewirkt die Sonderregelung in diesem Fall, dass der Zeitraum vom Stichtag bis (inklusive) 21.3.2021 nicht in den Fortbildungszeitraum einzurechnen ist, sodass der zweijährige Fortbildungszeitraum faktisch (erst) mit dem 22.3.2021 beginnt.

Ein wesentlicher Unterschied zwischen der Toleranzfrist und der Sonderregelung liegt also darin, dass die Sonderregelung zu einer tatsächlichen Verschiebung der weiteren (nächsten) Fortbildungszeiträume führt. Die Toleranzfrist kann aber nach unserer Ansicht auch im Anschluss an den verlängerten Fortbildungszeitraum in Anspruch genommen werden, zumal der Wortlaut des Gesetzes diesbezüglich nicht unterscheidet.

Beispiel 3:

  • Rettungssanitäterprüfung am 25.7.2020, daher Stichtag: 1.8.2020
  • Fortbildungszeiträume (ohne Sonderregelung): 1.8.2020 bis 31.7.2022, 1.8.2022 bis 31.7.2024, 1.8.2024 bis 31.7.2026, usw.
  • Fortbildungszeiträume unter Berücksichtigung der Sonderregelung: 1.8.2020 bis 21.3.2023 (Hemmung für den Zeitraum 1.8.2020 bis 21.3.2021 ), 22.3.2023 bis 21.3.2025, 22.3.2025 bis 21.3.2027 usw.

Die nachfolgenden Fortbildungszeiträume beginnen daher nicht mehr (jedes zweite Jahr) jeweils mit 1.8., sondern mit 22.3.

Gemäß § 15 Abs. 3 SanG kann dahingehend Einfluss auf den Lauf der Fortbildungsfrist genommen werden, dass im Einvernehmen zwischen Rettungsorganisation (Einrichtung nach § 23 SanG) und Sanitäter ein abweichender Stichtag festgelegt wird. Dies ist nur dann möglich, wenn dadurch der Fortbildungszeitraum nicht ausgedehnt wird. Die Verlegung des Stichtages kann immer nur zu einer Verkürzung des Fortbildungszeitraums führen. In der Praxis wird von einigen Rettungsorganisationen der Stichtag so „verlegt“, dass die Fortbildungszeiträume jeweils mit 31.12. enden. Unproblematisch ist dies wiederum in sämtlichen Fällen, bei denen der Fortbildungszeitraum am oder vor dem 22.3.2020 begonnen hat. Auch in diesen Fällen wird der Fortbildungszeitraum aufgrund der Fristenhemmung um (genau) ein Jahr verlängert.

Beispiel 4:

  • Rettungssanitäterprüfung am 14.7.2019, Rettungsorganisation vereinbart mit dem Sanitäter als Stichtag den 31.12.
  • Fortbildungszeiträume (ohne Sonderregelung): 1.8.2019 bis 31.12.2020, 1.1.2021 bis 31.12.2022, usw.
  • Fortbildungszeiträume unter Berücksichtigung der Sonderregelung: 1.8.2019 bis 31.12.2021, 1.1.2022 bis 31.12.2023, usw.

Erfolgt die Absolvierung der Rettungssanitäterprüfung hingegen nach dem 22.3.2020, so empfiehlt sich (sofern die Fortbildungszeiträume in Zukunft jeweils mit 31.12. enden sollen) aus unserer Sicht eine Gestaltung dahingehend, dass der erste Fortbildungszeitraum mit 31.12.2022 endet. Dies ist deshalb zulässig, weil der Zeitraum zwischen der Absolvierung der Prüfung und dem 21.3.2021 aufgrund der Fortlaufshemmung nicht zu berücksichtigen ist.   

Beispiel 5:

  • Rettungssanitäterprüfung am 25.7.2020
  • Der erste Fortbildungszeitraum endet daher unter Berücksichtigung der Sonderregelung am 21.3.2023 (siehe Beispiel 3)
  • Zulässig ist daher eine abweichende Vereinbarung, wonach der Fortbildungszeitraum mit 31.12.2022 endet; insofern kommt es nämlich zu einer zulässigen Verkürzung des Fortbildungszeitraum; der nächste Fortbildungszeitraum beginnt dann mit 1.1.2023.

Eine zusätzliche Fortbildungspflicht im Umfang von 40 Stunden innerhalb von 5 Jahren ist für Lehrsanitäter vorgesehen (§ 47 Abs. 2 SanG). Die Bestimmung des § 64 Abs. 9 SanG ist ihrem Wortlaut nach nicht unmittelbar auf die Fortbildungspflicht für Lehrsanitäter anwendbar, weil es sich dabei nicht um eine Berufs- bzw. Tätigkeitsberechtigungen im Sinne des SanG handelt. Aus unserer Sicht ist allerdings eine analoge Anwendung vertretbar, zumal jene Gründe – insbesondere faktische Probleme betreffend die Durchführung von Fortbildungen aufgrund der Covid-19-Pandemie –, die für die Sonderregelung hinsichtlich der Fortbildungen als Sanitäter genannt werden, auch auf die Fortbildung für Lehrsanitäter übertragbar sind.

 

Klarstellung in PDF

Für ÖGERN aufbereitet: RA Dr. Maximilian Burkowski

 

Hinweis: Diese Klarstellung ist Bestandteil des Beitrages von Maximilian Burkowski, Sanitätergesetz: Änderungen aufgrund COVID, in: ÖGERN (Hrsg.), Rettungsdienst 2021: Konzepte, Personal und Gewaltschutz (2021) – Band ab Februar 2021 erhältlich (Link)